Individuelle Reisen - gibt es besondere Voraussetzungen?
 

In den Jahren 2002, 2004 und 2007 haben wir jeweils eine dreiwöchige Rucksacktour durch Südtirol gemacht. Das geht so: wir packen alles, was wir in den drei Wochen brauchen können, in unsere Kraxen, setzen uns in den Zug, steigen in Südtirol aus und wandern durch die Alpen, schlafen im Zelt oder in Hütten. Zwei Reisetagebücher sind veröffentlicht und das von 2002 wird noch erscheinen. Dagegen sind wir 2003 mit dem Jeep nach Norwegen, 2005 und 2006 nach Schweden gefahren. Wir haben dort jeweils drei Wochen gezeltet, sind gewandert und gepaddelt. Zwischendurch machen wir immer wieder kürzere Touren, bei denen wir wandern, paddeln und Radfahren.

Wir werden immer wieder gefragt, wie man dazu kommt, solche anstrengenden Reisen zu unternehmen. Meist heißt es dazu noch, das wäre ja keine Erholung, wenn man drei Wochen lang einen schweren Rucksack durch die Berge trägt. Aber dass ist ein Irrtum. Wir arbeiten beide am Rechner, haben Tätigkeiten mit eher geringen körperlichen Belastungen. Wir machen beide gern Camping und wir lieben die Natur, sind gern draußen und scheuen auch Einsamkeit nicht. Wir planen und organisieren unseren Urlaub selber, auch wenn dies oft heißt, dass eben nicht alles von vornherein klar ist und man manchen Tag flexibel auf die Gegebenheiten reagieren muss.

Dann gehören wir auch zu diesen Menschen, die es nicht gut finden, wenn alles zu leicht geht. Daraus resultieren solche Aktionen, dass wir mit unseren schweren Kraxen an einem Vormittag einen Anstieg von 900 Höhenmetern bewältigen, obwohl wir auch mit der Seilbahn hätten fahren können. Klingt verrückt, aber wir haben unterwegs vieles gesehen, was uns in der Seilbahn entgangen wäre, haben an schönen Aussichten Halt machen und schauen können und wir haben ein Gefühl dafür, wie hoch der Berg wirklich ist und wie anstrengend. Die Kombination aus körperlicher Anstrengung, Erlebnissen und Erfahrungen und der direkte Kontakt zur Natur ist der Antrieb, immer wieder zu packen und eine Reise zu unternehmen.

Was sind nun die Voraussetzungen für individuelle Reisen?

  • Wichtig ist bei solchen Reisen, das alle Beteiligten Spaß daran haben. Das klingt banal, aber wenn die Ehefrau keine Lust auf Zelten hat, dann wird eine Rucksacktour eher keine fröhliche Sache.
  • Man muss bereit sein, sich mit den Gegebenheiten zu arrangieren. Wenn es eben eine Woche regnet, dann ist das keine verlorene Zeit. Man sollte darauf vorbereitet sein, von der Einstellung her und bei der Ausrüstung, dann kann man auch das Schöne am Regenwetter sehen.
  • Man sollte sich gründlich vorbereiten, damit ist die Planung gemeint. Wenn man das einige Male gemacht hat, wird man merken, dass die Beschäftigung mit dem Reiseziel, die Informationen, die man über Bekannte, Bücher, Prospekte und das Internet erhält, die Vorfreude steigern. Und wenn man dann aus dem Zug oder dem Auto steigt, dann weiß man schon, was man sich anschauen will, welchen Weg man gehen will...

Je weiter man sich von der Zivilisation entfernt und dabei in unbewohnte Gegenden kommt, um so wichtiger wird die Frage der Orientierung. Mann sollte immer über gute, möglichst topographische Karten verfügen, ein GPS ist immer hilfreich, auch ein Kompass, eventuell ein Höhenmesser. Aber die beste Ausrüstung nutzt nichts, wenn man damit nicht umgehen kann. Sich zu orientieren und den Weg zu finden kann schon in Norwegen zum Problem werden, wo eben nicht überall genügend Wegweiser stehen.

Und dann gibt es noch Voraussetzungen, die hängen in erster Linie vom Ziel, der Art und der Länge der Reise ab. Wenn man also eine dreiwöchige Wanderung in den Alpen mit schweren Rucksäcken in zwei- bis dreitausend Metern Höhe plant, dann muss man einige körperliche Fitness mitbringen. Da reicht es auch nicht, eine Woche vor dem Urlaub ein wenig Lauftraining zu absolvieren. Hinzu kommt, dass man Erfahrung mit dem Umfeld benötigt. Man sollte sie erwerben, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen. Eine Bergwanderung ist immer ernst zu nehmen und immer auch mit Gefahren verbunden. Dies gilt übrigens nicht nur für die Berge, auch das Paddeln auf einem Fjord in Norwegen kann gefährlich werden, wenn die Windverhältnisse innerhalb von Minuten umschlagen und man plötzlich hohen Wellen ausgesetzt ist.

Am besten vermeidet man Gefahren, indem man Leute befragt, die solche Reisen gemacht haben. Hilfreich sind auch Reiseberichte, wenn sie so geschrieben sind, dass die Erfahrungen der Reisenden nachvollziehbar sind. Auf dieser Basis sollte man sich dann einer Sache langsam nähern und eigene Erfahrungen sammeln. Also nicht Zelt kaufen und auf in die Alpen, sondern vielleicht erst einmal auf einem Zeltplatz in der Nähe mal eine Woche zelten, auch einmal bei Regen. Man muss sich über die Gegebenheiten am Reiseziel genau informieren und die Ausrüstung danach optimieren. Wenn es die Möglichkeit gibt, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, ein Beispiel wäre eine geführte Wanderung, dann sollte man dies nutzen. Und dabei Augen auf und lernen.

Und zum Abschluss noch zu einer allgemeinen und wichtigen Vorraussetzung: das oberste Ziel muss die Rückkehr sein. Das klingt erst einmal komisch, aber damit ist die gesunde Mischung aus Abenteuerlust und der realistischen Einschätzung der eigenen Möglichkeiten gemeint. Bei allem Mut und Draufgängertum sollte man sich immer die Frage stellen, ob man eine Sache machen sollte, ob genügend Sicherheit besteht, dass man es auch schafft. Im Zweifelsfall, wenn man sich unsicher ist, sollte man kein Risiko eingehen. Unsicherheit entsteht, wenn man einer Sache nicht gewachsen ist. Es ist in diesem Fall immer besser, zu verzichten, sich erst vernünftig vorzubereiten, um die Geschichte dann später zu wiederholen.


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